Wenn ich einen Lebenslauf von mir selbst schreiben müsste, könnte er etwa folgendermaßen aussehen.
1979-1984 – Den Haag
Die ersten fünf Lebensjahre nach meiner Geburt am 25.6.1979 verbrachte ich in meinem Geburtsort Den Haag. Zur Welt kam ich in Bronovo, einem Krankenhaus mit Meerblick. Aber daran kann ich mich nicht mehr ganz genau erinnern. Also natürlich überhaupt nicht. Null. Wird schon stimmen, was im Auszug meiner Geburtsakte zu lesen ist. Mit Sicherheit bin ich liebevoll und mit großer Hingabe von meinen beiden Eltern umsorgt worden, ich ging zu einer Kinderspielgruppe, erinnere mich an eine Theateraufführung mit einem imposanten goldenen Ei und außerdem hatte ich eine Patentante, die unwahrscheinlich schöne Gemälde malen konnte, meist mit Aquarellfarbe.
1984-1992 – Esslingen a.N.
Wegen des väterlichen Berufs, Operndirigent, musste die Familie nach Deutschland umziehen, ich landete zunächst im Kindergarten und danach in der freien Waldorfschule Esslingen, wo ich mit meinem Klassenlehrer enormes Glück hatte. Ihm verdanke ich wesentliche Aspekte meines Selbstbewusstseins. Obwohl ich ursprünglich nicht Musik machen wollte, begeisterte ich mich doch für die Gitarre, und mein erster Gitarrenlehrer an der Musikschule war in der Lage, einen Grundstein zu legen für mein später entstehendes Berufsleben. Besonders ein Konzert mit Pepe Romero nach den ersten sieben Wochen Musikschulunterricht ließ mir die Kinnladen herunterfallen und ich wusste: die klassische Gitarre ist mein zukünftiges Leben!
Zahlreiche von mir selbst als Knaben unbeabsichtige Theaterbesuche brachten mich öfter mit Darstellern und Schauspielern in Verbindung, als ich es mir damals vielleicht gewünscht hätte. Die kindliche Begegnung mit Loriot wird aber für das ganze Leben unvergesslich im Herzen verankert bleiben.
1992-1998 – Innsbruck
Erneut musste die Familie wegen des väterlichen Berufes umziehen. Ich landete in Innsbruck, wo ich zunächst zwei Jahre das akademische Gymnasium und danach vier Jahre das Musikgymnasium Innsbruck besuchte. Ich begann also parallel zur Oberstufe schon unmittelbar mit dem künstlerisch-pädagogischen Gitarrenstudium am Konservatorium in Innsbruck.
1994 nahm ich mit meinem Duopartner und lieben Freund Lukas Thöni am Jugendmusikwettbewerb „Prima La Musica“ teil und wir gewannen beim Bundeswettbewerb den 1. Preis mit Auszeichnung.
Aus einem jugendlichen Gerechtigkeitsempfinden heraus entstand das Bedürfnis, mich in der Schule als Klassensprecher und auch als Schulsprecher zu versuchen. Erstens wollte ich erreichen, dass die Schüler und Schülerinnen als vollwertige Menschen wesentlich ernster genommen würden, und zweitens war mir das Notensystem mit seiner allzu beschränkten Aussagekraft ein Dorn im Auge. Wohnort war indes das schöne Dorf Thaur, einige Kilometer von Innsbruck entfernt, an der Nordkette gelegen.
Parallel zum Studium wurde ich ab 1997 regelmäßig als Gastmusiker mit Gitarre, Mandoline, Banjo und E-Gitarre beim Tiroler Symphonieorchester beschäftigt. Offensichtlich hatte ich einen gewissen Startvorteil bei der Zusammenarbeit mit Dirigenten, was bei klassisch ausgebildeten Gitarristen vielleicht nicht ganz so häufig vorkommt.
1998-2011 – Salzburg
Für das Studium suchte ich mir Salzburg als den ersten selbst bestimmten Wohnort aus. Eigentlich wollte ich zunächst am Mozarteum Orchesterdirigieren studieren bei Professor Dennis Russell Davies, aber da ich als Gitarrist mit meinen langen Fingernägeln an der rechten Hand nicht ausreichend Klavier spielen konnte, entschied ich mich für ein Studium der Komposition, was sich später als großer Glücksfall herausstellen sollte. Auch hier verspürte ich das starke Bedürfnis, mich für die Rechte aller Studierenden einzusetzen, und so begann ich 1999 meine Tätigkeit als Referent für Bildungspolitik an der Studierendenvertretung am Mozarteum, was ich bis zum Jahr 2019, insgesamt fast 20 Jahre, zunächst ehrenamtlich und später über einen kleinen Dienstvertrag tun sollte. Ich beschäftigte mich hier intensiv mit Curricula, also Studienplänen, sowie den damit verbundenen Rechten und Pflichten der Studierenden. Soweit vom Gesetz beschrieben, war meine Tätigkeit hauptsächlich eine beratende. Die politische Entwicklung im Europäischen Hochschulraum brachte für Studierende neben vielen Vereinfachungen auch einige Hindernisse. Von der dort festgelegten Durchgängigkeit vom Bachelor– zum Master-Studium musste ich meine eigene Universität und ihren akademischen Senat erst zu überzeugen versuchen. Eine Klage vor dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof in Wien brachte zwar kein positives Urteil, jedoch eine umgehende Novellierung des Gesetzes durch das Bundesministerium.
Auch den sogenannten „ÖH-Vorsitz“ sollte ich 2003-2005 am Mozarteum inne haben, das ist der Vorsitz der Studierendenvertretung an der gesamten Universität, und dient in Österreich bekanntermaßen in vielen Fällen als Sprungbrett in eine parteipolitische Karriere. Von politischen Parteien hielt ich persönlich mich jedoch zu jeder Zeit und bis heute fern. Ich konnte nur durch etwas ungewöhnliches Vorgehen im Zuge einer Gesetzesnovelle das Jahresbudget unserer Studierendenvertretung von knapp 130.000 auf circa 180.000 € pro Jahr erhöhen.
Nur gleichsam von aussen konnte ich Erfahrungen bzgl. Prozessmanagement / Organisationsentwicklung im Rahmen des Qualitätsmangement beobachten, da ich als Studierendenvertreter in eine relativ umfassende Evaluation der Universität Mozarteum durch ein Peer-Review-Verfahren inhaltlich eingebunden war.
Später betreute ich auch den online-Auftritt auf Wunsch des mir nachfolgenden Vorstands mithilfe des open-source-CMS-Systems „TYPO3“ und schaltete Jahrelang auch Annoncen in unseren Job- und Wohnbörsen.
Meinen Studienabschluss machte ich jedoch nach einem individuellen Studienplan, denn ich selbst gemäß UG 2002 § 55 zusammengestellt hatte, mit dem akademischen Grad “Magister“.
Das Interesse an Ensembleleitung oder Orchesterdirigieren hatte mich aber nie ganz losgelassen und so nahm ich 2004 bei der Ensemble Modern Akademie im Fach Dirigieren unter der Leitung von Franck Ollu teil.
Nach dem Studium begann das Berufsleben. Hatte ich schon während des Studiums gute Kontakte zu Orchestern und Theatern geknüpft, so sollte ich jetzt noch sechs weitere Jahre in Salzburg als freiberuflicher Ensemblegitarrist verbleiben. Ich war bereits seit 2004 Mitglied des Österreichischen Ensembles für Neue Musik geworden, worauf ich einigermaßen stolz war, und was mir einige wertvolle Verbindungen zu anderen Klangkörpern ermöglicht hatte. 2005 wurde ich als junger Stipendiat eingeladen zum Komponistenforum Mittersill, 2006 veröffentlichte ich zusammen mit Ernst Bartmann und Josef Irgmaier das „New Sounds Cookbook“, 2008 erhielt ich das Jahresstipendium Musik des Landes Salzburg. In der Folge wurde ich in den Fachbeirat Musik der Salzburger Landesregierung berufen. Es war überhaupt mein Glücksjahr, denn ich lernte ausserdem Isidora, meine heutige Ehefrau kennen. Daneben sammelte ich einige pädagogische Erfahrungen als Musiklehrer an der Salzburg Experimental Academy of Dance, einer privaten Hochschule für zeitgenössischen Tanz, sowie an der Freien Hofschule Salzburg, einer privaten Schule für Kinder mit besonders ausgeprägter Legasthenie.
Am Karfreitag des Jahres 2011 wurde mir das Krankheitsbild „Enzephalomyelitis Disseminata“, besser bekannt unter dem Namen „Multiple Sklerose“, diagnostiziert. Dank moderner medizischer Therapien verläuft mein Leben glücklicherweise frei von Einschränkungen. Besonders die Finger waren zu keiner Zeit auch nur ein bisschen betroffen, sodass die Gitarristentätigkeit unverändert bleiben konnte.
2011-2024 – Fürth / Forchheim
Ursprünglich der Liebe wegen zog ich im Jahr 2011 nochmal wieder um von Salzburg nach Fürth. Ich machte mich sogleich auf die Suche, wie ich in dieser neuen Umgebung als Ensemble– und Orchestergitarrist weiterhin mein Leben bestreiten könnte, musste aber feststellen, dass die Kulturlandschaft sich ganz wesentlich von meinem vorherigen Aufenthaltsort Österreich unterscheidet. Als Orchester- und Ensemblegitarrist eine Extistenz aufrecht zu erhalten stellte sich als nicht vielversprechend heraus.
In den Jahren 2011-2015 führte ich nebenbei als Obmann den Vorsitz des Trägervereins „Windkraft Tirol – Kapelle für Neue Musik“ und konnte durch persönliche Vorsprache im Bundesministerium für Kunst und Kultur in Wien auch hier das Jahresbudget, dass sich aus Subventionen zusammensetzt, stabilisieren. Mit den Fördermitteln konnte die eigene Konzertreihe mit professionellen Musikerinnen und Musikern auf Basis künstlerischer Werkverträge fortgeführt werden.
Auf Anraten meiner heutigen Ehefrau besuchte ich im Oktober 2011 eine Veranstaltung der VHS Fürth mit dem Titel „Freimaurer informieren“. Dies sollte mein weiteres Leben grundlegend verändern. Ich erfuhr, dass die Freimaurerei ein Weg sein kann, um an sich selbst zu arbeiten, sich mit seinen eigenen Schwächen auseinanderzusetzen und sich dadurch menschlich zu entwickeln, was mir sehr zusagte. Ich bat um Aufnahme in die Fürther Freimaurerloge „Zur Wahrheit und Freundschaft“, was mir etwa ein Jahr später gewährt wurde. Seit 2019 bin ich erster Vorstand dieser Loge und hatte auch hier zu Beginn die Herausforderung, die Loge aus einer akuten finanziellen Schieflage herauszuführen und die wirtschaftliche Lage wieder in geordnete Bahnen zu bekommen.
Ausser dem Vorsitz betreue ich auch selbst den online-Auftritt, der auf Basis des open-source-CMS-Systems „Joomla!“ läuft.
Pandemie 2020 – 2021
Während der unerfreulichen Pandemie waren viele auf Home-Office angewiesen. Auch der Musikunterricht. Am meisten hatten darunter die jungen Menschen zu leiden. Jugend-Wettbewerbe wurden reihenweise abgesagt. So entstand die Idee, einen internationalen online-Musikwettbewerb für junge Menschen ins Leben zu rufen.
Und da der insolvent verkaufte Musikverlag RICORDI München das „New Solos Cookbook“, das meine beiden Kollegen Ernst Bartmann, Josef Irgmaier und ich gemeinsam als Folgeband des vom Deutschen Musikrat empfohlenen und mit dem Deutschen Musikeditionspreis „Best Edition“ ausgezeichneten „New Sounds Cookbook“ leider wieder eingestampft hatte, kam eins zum anderen und wir entschieden uns, einen Interpretationswettbewerb für zugegeben anspruchsvolle zeitgenössische Solo-Literatur ins Leben zu rufen. Wir nannten ihn „Stream Your Solos“ und die meisten Einsendungen waren von unglaublicher Qualität. Das machte richtig Mut!
Kaum glauben konnten wir drei Komponisten aber, dass eine Teilnehmerin es fertig gebracht hatte, mit wirklich 100%-iger Partiturtreue und extrem kreativen Videos Maßstäbe zu setzen, die wir vorher nicht für möglich gehalten hätten. Ausgerechnet Salzburg, der ehemalige Studienort von uns drei Komponisten, ist auch der Geburts- und Wohnort der jungen Harfenistin Katharina Kubatta, die also bei Stream Your Solos den ersten Preis gewann. Und sie gewann den Wettbewerb nicht, weil sie einfach ein kleines bisschen besser abgeschnitten hatte, als die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern es war einfach eine Wucht. Auch Komponisten müssen manchmal weinen. Vor Freude. Ganz ganz großes Kino!
aktuell
Heute arbeite ich hauptsächlich als Gitarrenlehrer an der städtischen Sing- und Musikschule in Forchheim, an der städtischen Musikschule in Ebermannstadt, sowie an zwei Grundschulen, mit denen diese beiden Musikschulen verbunden sind. Dies alles macht mir ganz besonders große Freude, und ich könnte dies bis zur Rente fortsetzen, wenn ich wollte.
In der Zeit der Corona-Pandemie in den Jahren 2020-2022 habe ich für die Städtische Musikschule Ebermannstadt ein DSGVO-konformes Videokonferenzsystem auf Basis der open-source-Lösung “JITSI” etabliert, mit dem alle Lehrkräfte ihren Unterricht unterbrechungsfrei fortsetzen konnten.
Seit 2019 bin ich ausserdem „Meister vom Stuhl„, also erster Vorstand, der Fürther Freimaurerloge „Zur Wahrheit und Freundschaft“.
Zukunft
Wir werden seh’n, wir werden seh’n.